KZ-Außenlager Neubrandenburg (Waldbau)
KZ-Außenlager Neubrandenburg (Waldbau)
Das ehemalige Neubrandenburger KZ-Außenlager (Waldbau) ist in seiner historischen Grundsubstanz bis heute gut erhalten. Seine Spuren ermöglichen eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und dem Zweitem Weltkrieg. Historisch gesehen war Neubrandenburg mit über 7.000 Häftlingen das größte Außenlager des Konzentratonslagers Ravensbrück.
KZ-Außenlager Neubrandenburg (Waldbau)
Das KZ-Außenlager Neubrandenburg (Waldbau)
Die Geschichte des KZ-Außenlagers Waldbau ist eng verknüpft mit dem Neubrandenburger Rüstungsunternehmen Mechanische Werkstätten (MWN). Das Unternehmen produzierte ab 1943 Zuliefererteile für die sogenannten „Vergeltungswaffen“ V1 und V2 und das „Volkssturmgewehr“.
Zunächst lief die Produktion in der Ihlenfelder Straße; da aber davon auszugehen war, dass der Standort den Alliierten nicht lange unbekannt blieb, wurde alsbald ein Ausweichstützpunkt gesucht und gefunden. Die Wahl fiel auf ein über 50.000 Quadratmeter großes Waldgebiet im Nemerower Holz. Teile der Produktion aus der Ihlenfelder Straße wurden kurz darauf in ein unterirdisches Werk verlegt, um die Produktion bei Bombenangriffen nicht zu gefährden.
Rund 2.000 weibliche KZ-Häftlinge aus dem Konzentrationslager Ravensbrück mussten unter Anleitung deutscher Zivilarbeiter und unter Aufsicht von SS-Personal im KZ-Außenlager Neubrandenburg (Waldbau) im Winter 1943/44 die zum großen Teil unterirdisch gelegenen Baracken und Produktionsstätten errichten. Das KZ Waldbau funktionierte als eine Einheit mit dem KZ in der Ihlenfelder Straße. Insgesamt leisteten über 7.000 Häftlinge aus Ravensbrück Zwangsarbeit in Neubrandenburg - somit das größte KZ-Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück.
Wenngleich das Lager nie vollends fertiggestellt wurde, mussten die weiblichen Häfltinge dort ab Frühsommer 1944 in den unterirdischen Produktionsstätten Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie leisten. Auf engstem Raum befanden sich im „Waldbau“ sechs bis sieben Fabrikhallen, die jeweils 40 bis 50 Meter lang waren; zudem einige oberirdische Bauten (Küche, SS-Baracke, Baracke für die zivilen Vorarbeiter, sanitäre Anlagen) und vier bis fünf zum Teil in die Erde eingegrabene Häftlingsbaracken.
Ab Ende 1944 lief die Produktion mit mindestens 50 hochwertigen Werkzeugmaschinen auf vollen Touren. Die Maschinen für die Produktion stammen wahrscheinlich aus einem Warschauer Zweigwerk der Mechanischen Werkstätten, welches etwa zeitgleich zur Inbetriebnahme der Produktion im Waldbau aufgegeben wurde. Das Gelände war mit Strom und Wasser versorgt; gegen Kriegsende jedoch brach die Versorgung oft zusammen und es kam zu Ausfällen in der Produktion.
Das Konzentrationslager war von einem Starkstromzaun umgeben und mit Wachtürmen gesichert. Gearbeitet wurde montags bis samstags in zwei Schichten zu je 12 Stunden. Da die Produktion unterirdisch ablief, war die Sterberate allein aufgrund der Arbeitsbedingungen hoch. Mit der katastrophalen Ernährung, der halb unterirdischen Unterbringung sowie der brutalen Behandlung wurde der Tod der Frauen und Mädchen billigend in Kauf genommen. Von den KZ-Häftlingen erhielt das Lager daher den Namen „Waldstraflager“.
Am 27. April 1945 wurde das Konzentrationslager geräumt und die Gefangenen von der SS auf einen Todesmarsch Richtung Ostsee getrieben. Die Überlebenden wurden Anfang Mai von der Roten Armee befreit.
Spuren heute
Von den einstigen Gebäuden sind heute nur noch Fundamentreste erhalten. Das liegt unter anderem daran, dass zuerst die sowjetischen Truppen und später die Bevölkerung nach und nach Bauteile und Materialien abtrugen, um sie an anderer Stelle wiederzuverwenden. Von 1953 bis 1990 war das Gelände militärisches Sperrgebiet; allerdings kam es zu illegalen Entsorgungen von Bauschutt und Abfällen, insbesondere durch die Panzerreparaturwerkstätten Neubrandenburg (RWN).
Die Anlage der Häftlingsbaracken und Produktionshallen, die unterirdischen Verbindungswege sowie der Löschwasserteich und die Schächte an den Verteilerpunkten sind heute noch gut erkennbar.
Derzeit ist das Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Waldbau eingezäunt. Begehungen sind jedoch nach Absprache mit dem Projekt zeitlupe | Stadt.Geschichte & Erinnerung, das einen Gestattungsvertrag mit der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern geschlosen hat, zum Zwecke der historisch-politischen Bildungsarbeit möglich. Eine Anfahrtsskizze finden Sie hier. Bitte kontaktieren Sie bei Interesse die Projektleiterin Dr. Constanze Jaiser.
Einige Funde aus der Lagerzeit, wie zum Beispiel Produktionsteile und Häftlingsutensilien, befinden sich heute im Regionalmuseum Neubrandenburg. Das Stadtarchiv beherbergt zahlreiche Quellen wie Briefe und Berichte zum Konzentrationslager. Zudem wurden über das Projekt zeitlupe pädagogische Angebote zum Ort erarbeitet.